Die Orte Austin, Groningen und Hamburg eint eine respektvoll gemeinte Zuschreibung: Sie gelten alle drei als „Musikstädte“. Diesen Ehrentitel verdanken sie nicht nur einem regen Konzertleben, sondern vor allem weithin beachteten Festivals, die der Musikbranche wichtige Talentbörsen sind.
Im texanischen Austin wird mit dem South-by-Southwest-Festival (SXSW) jedes Jahr im März die wohl wichtigste Bühne für neue Bands und Künstler geboten, doch gelten auch das jeden Januar in Groningen veranstaltete Eurosonic Noorderslag und das jährliche Reeperbahn-Festival in Hamburg als bedeutende Plattformen, auf denen sich Newcomer einem interessierten Publikum und nicht zuletzt Konzertveranstaltern präsentieren können.
Der Frankfurter Veranstalter Markus Gardian kennt alle drei Festivals gut und nutzt selbst vor allem das SXSW, um Kontakte zu knüpfen und Bands zu entdecken, wie er sagt. Diese Entdeckungen präsentiert Gardian seit Jahren in etlichen Musikclubs in der Rhein-Main-Region, allen voran im von seiner Frau Eva Daniels geführten Zoom im Frankfurter Stadtteil Fechenheim.
Musikalisch sind kaum Grenzen gesetzt
Diese einst für Technostar Sven Väth als Cocoon Club konzipierte Spielstätte bietet nach einem Umbau und seit der Übernahme durch Daniels und Gardian vor etwas mehr als zwei Jahren gleich drei Bühnen in Sälen unterschiedlicher Größe, was eine lang gehegte Idee befeuerte.
„Ich kenne Festivals wie das SXSW seit vielen Jahren und habe mich immer wieder gefragt, warum es so etwas nicht einmal ansatzweise in Frankfurt gibt. Denn eigentlich spielt sich das Geschehen in Austin ja auch nur auf einer Straße voller Kneipen ab. Und in Groningen und Hamburg ist es ähnlich, dass alle möglichen Räumlichkeiten in einem begrenzten Quartier für einige Tage als Spielstätten dienen“, sagt Gardian, der vor allem das Flanieren und zufällige Entdecken bei den Veranstaltungen sehr schätzt: „Von vielen der dort auftretenden Künstlern hat man meist vorher noch nichts oder kaum etwas gehört. Man geht also unbefangen zu den Showcase-Auftritten, die vielleicht 30 Minuten dauern, und hört einfach zu. Wenn es einem nicht gefällt, geht man halt eine Tür weiter zum nächsten Konzert. Und wenn es einem gefällt, sieht man vielleicht den Star von morgen.“
Dieses Konzept, an einem Wochenende Newcomer ganz unterschiedlicher Genres im Showcase-Format zu präsentieren, will Gardian mit dem ersten „Blow“-Festival nun in Frankfurt ausprobieren. „Wir erfinden damit nicht das Rad neu“, sagt er. „Mit Sound of Frankfurt oder dem Musikmesse-Festival hat es solche Versuche in der Stadt durchaus schon gegeben, doch waren die entweder auch auf bereits etablierte Namen aus, oder die Spielstätten lagen einfach zu weit auseinander“, sagt Gardian, der mit seinem Newcomer-Festival am 13., 14. und 15. September deshalb nur die Säle des Zoom bespielen wird. 2700 Besucher hätten dort je Abend Platz, denen sich insgesamt gut 60 regionale, nationale und internationale Bands, Künstler und DJs zum Schnäppchenpreis von je 15 Euro pro Tagesticket (Festivalticket für alle drei Tage 37 Euro) vorstellen wollen.
Musikalisch sind dabei kaum Grenzen gesetzt, von Indie-Pop bis Indie-Rock, von Hardcore bis Punk, von Soul bis Hip-Hop, von Electro bis Techno sind viele Genres vertreten, wobei an allen drei Abenden das Programm von Konzerten zu DJ-Sets übergehen soll. Dass mitunter alle drei Bühnen gleichzeitig bespielt werden, ist dabei gewollt, soll doch das Festival, dessen zweite Auflage im Februar nächsten Jahres schon geplant wird, zum Entdecken einladen.
„Vielleicht findet der Rockfan dann Gefallen an einem Hip-Hop-Act oder andersherum“, glaubt Gardian, der auch verspricht, dass niemand eine Kakophonie der Stile befürchten müsse: „Die Säle sind akustisch gut voneinander abgeschirmt. Da überlagern sich die Klänge nicht.“
Obwohl Gardian der Erfahrenste in seinem Mitarbeiterteam ist, hat er das Programm nicht allein zusammengestellt. „Wir haben im Zoom ja mehrere Booker, die sich in ihren Genres sehr gut auskennen. Da hat jeder interessante Acts vorgeschlagen.“ Am regionalen Künstlern vorbehaltenen Freitag gibt es von 19 Uhr an Bands wie die Frankfurter Kraut-Pop-Formation Newmen und die Darmstädter Sweet-Soul-Entdeckung Theodor, aber auch das weibliche DJ-Kollektiv GG Vybe zu hören.
Nationale Künstler treten dann am 14. September von 18 Uhr an auf, darunter etwa Rapper Jasin oder die Berliner Hyper-Pop-Sängerin Baby B3ns. International geht es schließlich am Sonntag von 17 Uhr an zu, wenn hochgelobte Bands wie das Londoner Trio Bar Italia oder das Quartett The Silver Lines aus Birmingham aufspielen.
Und wer bei einer vermeintlichen Newcomer-Band namens The Undertones stutzt, täuscht sich nicht, ist damit doch tatsächlich die nordirische Punk-Legende gemeint. Die sind bereits vor der Konzeption des Festivals für den Termin gebucht worden, passen aber nicht zuletzt mit „Teenage Kicks“, ihrem Lied für die Ewigkeit, musikalisch und historisch bestens ins Programm.
„Blow“-Festival, 13. bis 15. September, Zoom Frankfurt, Tickets: zoomfrankfurt.com